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Dem Zauberspiegel entgehen 329

Märchentyp AT: 329; cf. 301, 313
Grimm KHM: Das Meerhäschen 191


Eine Prinzessin heiratet nur denjenigen Mann, der sich vor ihr verstecken kann, ohne dass sie ihn findet (Freierprobe). Gelingt es einem Bewerber nicht, die Brautaufgabe zu erfüllen, so verliert er sein Haupt. Ein Junge erlangt die Hilfe dankbarer Tiere, meistens ein Fisch, ein Adler und ein Fuchs, welche die drei Bereiche Wasser, Himmel und Erde bewohnen. Durch einen Zauberspiegel entdeckt die Prinzessin den versteckten Jungen jedesmal, der sich durch die Tiere im Fischbauch, hinter den Wolken (Sonne) oder unter der Erde befand. Eine vierte Probe wird gewährt. Der Junge versteckt sich diesmal hinter dem Zauberspiegel bzw. unter dem Sitz der Prinzessin. Oder er sitzt als Laus (Rose) in ihrem Haar. Sie entdeckt ihn diesmal nicht, worauf er ihre Hand erhält.


Anmerkung

 


Literatur

Hartmann, I.: Das Meerhäschen. Göttingen 1953.
Mudrak, E.: Herr und Herrin der Tiere. In: Fabula 4, 1961, p. 163-173.
Propp, V.J.: Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens. München 1987.
Röhrich, L.: Untersuchungen über den Typ AT 329. In: Deutsches Jahrbuch für Volkskunde 2, 1956, p. 285-286.


Märchen

>> Das Meerhäschen


Hinweise

Wie in den Märchen von der weissen Schlange und von der Bienenkönigin helfen dem Helden drei dankbare Tiere bei der Lösung der Aufgaben, durch die er die Königstochter zur Gattin gewinnt; er muss sich aber dreimal vor der Prinzessin verstecken, die durch einen Zauberspiegel (hier zwölf Glasfenster) alles was auf Erden geschieht, sehen kann; nachdem sie ihn im Rabenei und im Fischbauch entdeckt hat, lässt er sich das drittemal vom Fuchs in ein Meerhäschen verwandeln und kriecht unter den Zopf der Jungfrau; als sie ihn nicht entdeckt, zerschlägt sie im Zorn die Glasscheiben.

Aus Mähren: "Vom weissen Reh". - Rumänisch: "Die Prinzessin und der Schweinehirt"; er wird zuletzt vom Waldgeist in eine Rose verwandelt und zerschlägt den Spiegel. "Juliana Kosseschana"; das hilfreiche Pferd verwandelt das dritte Mal den Helden in eine Laus auf des Königs Kopf. - Griechisch: "Der Jäger und der Spiegel, der alles sieht"; der Fuchs gräbt dem Helden einen Gang bis unter den Sitz der Prinzessin. - Serbokroatisch: dem Soldaten helfen Fisch, Vogel und Rosmarinstaude; zuletzt steckt er als Rosmarinblatt im Ohr der Prinzessin, die einen "Planeten" statt des Spiegels besitzt. - Bulgarisch aus Mazedonien: Adler, Fisch, Teufel helfen; zuletzt wird der Held in einen Apfel verwandelt, den die Prinzessin einsteckt. - Slowakisch aus Oberungarn: der Freier der Zauberin wird zum Fisch, Vogel und zur Nelke. - Kleinrussisch aus Südungarn: der vom Helden mit einem Zauberstab belebte Fisch versteckt ihn dreimal. - Grossrussisch: "Jelena die Weise"; ein Soldat, der den Teufel aus dem Gefängnis befreit hat, fliegt als Vogel in das Schlafgemach der weisen Jelena und soll sterben, wenn er sich nicht dreimal verstecken kann; der Teufel verwandelt ihn in eine Nadel und legt sie in das Zauberbuch der Prinzessin; diese schlägt vergeblich darin nach und wirft es zornig auf den Boden, da steht der Jüngling vor ihr; der Held sucht die entflohene Schwanjungfrau, heiratet dann aber die Dienerin, die ihn hinter dem Zauberspiegel versteckt hat. Aus Tomsk: Walfisch, Greif, Löwe helfen; ein Mädchen versteckt ihn hinter dem Zauberspiegel und einer Falltür. - Zigeunerisch: "Der Spiegel, der alles sieht"; Fisch, Adler, Ameise. - Awarisch: "Der schwarze Fuchs"; verwandelt das vierte Mal den Helden in einen Floh, der sich im Gewand der Prinzessin verbirgt. - Mingrelisch: Fisch, Adler, Hirsch; Schakal gräbt einen Gang bis unter den Sitz der Prinzessin; diese zerschlägt den Spiegel.

In einem siebenbürgischen Märchen "Die versteckte Königstochter" besteht die Aufgabe darin, dreimal die verborgene Prinzessin zu suchen, was wiederum mit der Hilfe dankbarer Tiere gelingt, oder stellvertretend die Stute ist zu suchen.

Ein merkwürdiges Seitenstück liefert eine vermutlich auf alter Überlieferung beruhende färöische Ballade "Lokes Gesang". Hier versteckt sich der Knabe, den der Riese seinem Vater im Spiel abgewonnen hat, dreimal mit Hilfe der Götter Odin, Höni und Loki, die ihn in ein Gerstenkorn, eine Schwanfeder und ein Fischrogenkörnchen verwandeln; das drittemal entschlüpft er, der Riese stürzt ihm nach und rennt sich den Kopf ein. - Kleinrussisch aus Ostgalizien: der Witwensohn versteckt sich auf die Aufforderung des Gutsherren als Rose, Taube und mit Hilfe des durch eine geweihte Keule bezwungenen Teufels in dem Feuerstein, aus dem der Herr morgens Feuer schlägt, um seine Pfeife anzuzünden. - Weissrussisch: der zauberkundige Kaiser verheisst seine Tochter dem, der sich vor ihm verstecken kann; der Jüngling wird zum schwarzen Zobel, weissen Wiesel, grauen Hasen, zu bunten Blumen, zum Barsch, zur Nadel und endlich zur Feder, die der Greif nachts dem Kaiser unter die Arme legt. - Grossrussisch: in dem Lied vom Witwensohn "Vanka und dem Zaren Volšan"; hilft der Vogel Mogul (Greif), dessen Jungen der Held vor Kälte geschützt hatte.

Die 99 Pfähle vor dem Königsschloss, auf denen die Köpfe der im Wettkampf unterlegenen Freier aufgesteckt sind, erinnern an die antike Sage vom König Oenomaos, der auf gleiche Art die Werber seiner Tochter Hippodamia abzuschrecken trachtete. Im Ortnit schlägt der König Machorel den um seine Tochter Werbenden den Kopf ab, und 72 Köpfe sieht man auf den Zinnen von Montabur prangen. Auch Wolfdietrich erblickt an König Belîâns Burg einen Turm, auf dem die Häupter der Buhler seiner Tochter aufgesteckt sind. In den Märchen vom Rätsel, von den zertanzten Schuhen, den sechs Dienern wird mehrfach den Freiern, welche die gestellten Aufgaben nicht lösen, das Haupt abgeschlagen.


Variantenverzeichnis

>> Märchen-Suchdienst

Das Meerhäschen. Haltrich/Deutschland 39
Der Jäger und der Spiegel, der alles sieht. Hahn/Griechenland 1,61
Der Spiegel, der alles sieht. Karlinger/Portugal 2


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