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Prinz Esel 430

Märchentyp AT: 430; cf. 425, 433B, 441
Grimm KHM: Das Eselein 144


Ein Prinz wird in Eselsgestalt geboren, lernt aber wunderbar schön die Laute oder Leier zu spielen. Er zieht in die Welt hinaus, gewinnt das Herz einer Prinzessin, und in der Hochzeitsnacht legt er die Eselshaut ab und steht als unvergleichlich schöner Prinz da. In der nächsten Nacht verbrennt der Vater (Mutter, Schwester) der Prinzessin die Eselshaut, und die Verwandlung ist für immer behoben. Oder es folgt die Entrückung des Prinzen in eine Jenseitswelt (Sonne, Mond, Sterne) zu einer zweiten Braut. Die Prinzessin begibt sich auf eine Suchwanderung, erhält Hilfe von alten Frauen, Wind oder Gestirnen und erlöst den Bräutigam durch drei erkaufte Nächte, die sie von der Jenseitsbraut durch Zaubergaben (Nuss, Kleid) erkauft. Der Bräutigam erkennt die erste Braut mittels dankbarer Tiere (Maus), und sie fliehen gemeinsam in ihr Reich, wo sie glücklich Hochzeit feiern.


Anmerkung

Dieses Märchen ist eine von Grimm besorgte Übersetzung eines lateinischen Gedichtes Asinarius, das in acht Handschriften in verschiedenen Städten von München bis Leningrad vorliegt, von denen die älteste spätestens aus dem 14. Jahrhundert stammt. Das Gedicht dürfte in Nordfrankreich oder Belgien verfasst worden sein. In Schweden ist das Märchen nur durch eine Übersetzung aus Grimm in einem Volksbuch aus dem Jahr 1823 vertreten. Das lateinische Original hat aber sicherlich ein Vorbild aus dem Osten gehabt, das dem Amor- und Psychekreis AT 425 angehörte. Es gibt mehrere indische Erzählungen mit uralten Wurzeln über vornehme Jünglinge in Tiergestalt (Adler, Affe, Esel etc.), die ihre menschliche Gestalt auf völlig gleiche Weise wie der Prinz in dem hier behandelten Märchen wiedergewinnen. Von Indra, dem Stammvater Vikramâdityas, wird beispielsweise erzählt, dass er tagsüber als Esel und nachts als Mensch auftreten musste, bis ein König die Eselshaut verbrannte. Auch bei den Persern gibt es eine ähnliche Darstellung in Firdausis Schahnameh (um 1000 n.u.Z.).Bildliche Darstellungen eines musikalischen Esels sind seit Jahrtausenden im Orient und im alten Griechenland bekannt, waren aber auch bei den Holzschnitzern des Mittelalters in Europa modern, wo auch gewisse Sprichwörter zeigen, dass dieser Gedanke die Sinne beschäftigte.


Literatur

Anderson, W.: Das sogenannte Märchen vom Eselmenschen. In: Zeitschrift für Volkskunde 51 (1954), p. 215-236 und 54 (1958), p. 121-125.
Schenkel, K.: Das Eselein. In: Germania 11. 1866, p. 450 f.
Scherf, W.: Das Märchenlexikon. München 1995.

Wagner, F.: Asinarius. In: EM 1, 865-867


Märchen

>> Das grosse Buch der Zaubermärchen


Hinweise

Dem lateinischen Gedicht Asinarius nacherzählt, das J. Grimm 1814 in einer Strassburger Handschrift aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. aufgefunden hatte. Über die Art der Bearbeitung vgl. Hamann, Die literarischen Vorlagen 1906 S. 45. Ins Schwedische übersetzt als Prins Åsna (Stockholm 1823). Mone, der 1839 das lateinische Gedicht aus einer Heidelberger Handschrift abdruckte, schrieb es voreilig einem Brabanter Gotfridus de Thenis (Tirlemont) zu, der in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts [?] einen lateinischen ´Punctus´in Hexametern verfasste. Heute sind acht Handschriften des Asinarius bekannt.

Das breit, doch nicht ungefällig erzählte Märchen ist BP 2,234 in der ersten Gruppe des Tierbräutigam-Kreises angeführt worden. Gleich Hans mein Igel (KHM 108) ist der Held, dessen Eltern sich lange vergeblich ein Kind gewünscht hatten, als Tier geboren und zieht allein aus, sich eine Braut zu holen. Dass er gerade durch sein Lautenspiel Beifall und Gunst findet, mahnt an die in mittelalterlichen Holzschnitzereien und Miniaturen häufig auftretende Figur des musizierenden Esels, an das Lied von unmöglichen Dingen: ´Der Esel wird die Laute schlagen´ und an Sprichwörter wie: ´Welcher Esel nicht kann Lauten (Pauken) schlagen, muss die Säck zur Mühle tragen´; ´Was tut der Esel mit der Sackpfeifen´. Die Erzählung wendet sich bald zur fröhlichen Lösung, da aus der Belauschung des nächtlichen Geheimnisses keine Störung des ehelichen Glückes erfolgt, wie in den Märchen von Amor und Psyche, Melusine, dem Schwanenritter u.a. Während Hans mein Igel bei der Verbrennung des Felles kohlschwarz wird und geheilt werden muss, will hier der Jüngling von Schmerzen gequält zwar entfliehen, wird aber durch den Schwiegervater bald beruhigt. - Über ein indisches Märchen, welches unserem ganz nahe kommt, vgl. BP 2,240.


Variantenverzeichnis

>> Märchen-Suchdienst

Der Bock mit der Rotznase. Afanasjew/Russland 277
Das Eselein. Grimm/KHM 144
Der verzauberte Brahmanensohn. Pantschatantra/Indien 1,29


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