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Die drei Spinnerinnen 501

Märchentyp AT: 501
Grimm KHM: Die drei Spinnerinnen 14


Eine Mutter behauptet von ihrer Tochter, dass sie etwas Merkwürdiges spinnen könne. Ein Prinz verspricht, sich mit ihr zu verheiraten, wenn das wahr sei und stellt sie auf die Probe. Da kommen drei alte Spinnerinnen, die eine mit zu grosser Lippe, die andere mit zu grossem Daumen und die dritte mit einem zu grossen Steiss vom vielen Spinnen. Sie versprechen zu helfen, wenn sie zur Hochzeit eingeladen würden und als ihre Verwandten gelten. Alles geht nach Wunsch, und als der Prinz die entstellten Frauen bei der Hochzeitsfeier sieht, fragt er nach ihrer Herkunft und ihrem seltsamen Aussehen. Sie erzählen, sie seien Verwandte der Braut und hätten ihr Aussehen (auch Platschfuss statt Steiss) vom vielen Spinnen, worauf er dem Mädchen dieses verbietet.


Anmerkung

 


Literatur

Brednich, R.W.: Volkserzählungen und Volksglaube von den Schicksalsfrauen. Helsinki 1964.
Früh, S. (Hg.): Der Kult der drei heiligen Frauen. Märchen, Sagen und Brauch. Bern 1998.
Kutter, E.: Heilige Jungfrauen, Salige und Wilde Fräulein. In: Mythologische Landschaft Deutschland. Hrsg. von Heide Göttner-Abendroth und Kurt Derungs. Bern 1999.
Propp, V.J.: Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens. München 1987.

Schenda, R. (Hg.): Das Märchen der Märchen. Das Pentamerone. Giambattista Basile. München 2000, p. 605.
Uther, H.-J.: Die drei Spinnerinnen. In: Märchen vor Grimm. München 1990.


Märchen

>> Das grosse Buch der Zaubermärchen


Hinweise

J. Prätorius erzählt im Abenteuerlichen Glückstopf 1669 das Märchen folgendergestalt: Eine Mutter kann ihre Tochter nicht zum Spinnen bringen und gibt ihr darum oft Schläge. Ein Mann, der das einmal mit ansieht, fragt, was das bedeuten solle. Die Mutter antwortet: "Ich kann sie nicht vom Spinnen bringen; sie verspinnt mehr Flachs als ich schaffen kann." Der Mann sagt: "So gebt sie mir zum Weib! Ich will mit ihrem unverdrossenen Fleiss zufrieden sein, wenn sie auch sonst nichts mitbringt." Die Mutter ist von Herzen gern zufrieden, und der Bräutigam bringt der Braut gleich einen grossen Vorrat Flachs. Davor erschrickt sie innerlich, nimmts indessen an, legts in ihre Kammer und sinnt nach, was sie anfangen solle. Da kommen drei Frauen vors Fenster, eine so breit vom Sitzen, dass sie nicht zur Stubentüre herein kann, die zweite mit einer ungeheuren Nase, die dritte mit einem breiten Daumen. Sie bieten ihre Dienste an und versprechen das Aufgegebene zu spinnen, wenn die Braut am Hochzeitstag sich ihrer nicht schämen, sie für Basen ausgeben und an ihren Tisch setzen wolle. Sie willigt ein, und sie spinnen den Flachs weg, worüber der Bräutigam die Braut lobt. Als nun der Hochzeittag kommt, so stellen sich die drei abscheulichen Jungfern auch ein; die Braut tut ihnen Ehre an und nennt sie Basen. Der Bräutigam verwundert sich und fragt, wie sie zu so garstiger Freundschaft komme. "Ach", sagt die Braut, "durchs Spinnen sind alle drei so zugerichtet worden; die eine ist hinten so breit vom Sitzen, die zweite hat sich den Mund ganz abgeleckt, darum steht ihr die Nase so heraus, und die dritte hat mit dem Daumen den Faden so viel gedreht." Darauf ist der Bräutigam betrübt worden und hat zur Braut gesagt, sie sollte nun ihr Lebtag keinen Faden mehr spinnen damit sie kein solches Ungetüm würde.

Eine dritte Erzählung aus Oberlausitz, stimmt mit Prätorius im ganzen überein. Die eine von den drei Alten hat triefende Augen, weil ihr die Unreinigkeiten des Flachses hineingefahren sind; die zweite einen grossen Mund von einem Ohr bis zum andern, wegen des Netzens; die dritte ist dick und ungefüg vom vielen Sitzen bei dem Spinnrad. In der holsteinischen Erzählung "Fru Rumpentrumpen" vergisst die junge Königin eine der drei Helferinnen einzuladen und soll ihr dafür ihren Sohn geben, falls sie nicht in drei Tagen ihren Namen zu nennen weiss (vgl. dazu KHM 55: Rumpelstilzchen). - Dänisch: "Trillevip"; der abgewiesene Zwerg ist so gutmütig, am Hochzeitstag die drei Alten zu senden. - Schwedisch: "Die drei Grossmütterchen"; Storfota-mor, Storgumpa-mor, Stortumma-mor. - Norwegisch: "Die drei Muhmen". - Im englischen Märchen "Habetrot and Scantlie Mab" hilft die Fee des Spinnrades, die den Namen Habetrot führt, dem faulen Mädchen spinnen, erscheint aber nicht bei der Hochzeit, sondern ladet das Paar zum Besuch und macht mit ihren grosslippigen Schwestern den beabsichtigten abschreckenden Eindruck auf den Edelmann. In der schottischen Version "Whuppity Stoorie" verlangt die Fee noch den Sohn der jungen Frau, falls sie ihren Namen nicht erraten könne. - Irisch: "The lazy beauty and her aunts"; die drei alten Spinnerinnen mit dem platten Fuss, dem breiten Gesäss und der dicken roten Nase heissen Colliagh Cushmör, Colliach Cromanmör und Shron Mor Rua. - Französisch: "Peau d'Ânette"; drei Frauen mit grossen Augen, Ohren und Zähnen und ein Mann mit Besen; "La fileuse"; eine Frau mit heraushängender Zunge. "La fainéante"; drei Frauen mit langen Nägeln, grossen Zähnen und hängenden Brüsten. "La fée Grosses-lèvres, la fée Gros-doigt et le petit père Ragolu"; ein Papagei ruft der jungen Frau den Namen des Zwergs Ragolu ins Gedächtnis zurück. - In Italien kennt bereits Basile "Le sette cotenelle" das Märchen, gibt es aber entstellt wieder; die faule Saporita ist auch naschhaft und erhält deswegen von der Mutter Schläge; die drei Feen lachen über die ungeschickten Zurüstungen der jungen Frau zum Spinnen und verwandeln alsbald ihren Flachs in weisse Leinwand; der Mann bekommt aber nicht durch den Anblick der hässlichen Vetteln einen Abscheu vorm Spinnen, sondern durch die Klagen der Saporita, die sich krank stellt. "Les trois fileuses" (Sessi, Persi, Fumi), "Les trois fileuses" (Persi, Sophie, Cruci) und "Les trois fileuses" (Columbina, Columbara, Columbun). - Spanisch: "Las animas"; drei selige Geister helfen spinnen, nähen und sticken und erscheinen bei der Hochzeit als missgestalte Hexen. "Ce qu' Ana voyait dans le rayon de soleil"; die drei Feen verlangen von Lolita, dass sie drei alte kranke Frauen aus dem Spital einlade. - Portugiesisch: "The aunts"; drei Frauen helfen der Königsbraut ein ganz feines Hemd anfertigen, ihn auf drei Meilen weit verstehen und eine Strähne Faden aufwinden. - Griechisch: "Die Faulenzerin"; die Helferinnen heissen Mytú, Tsachilú und Kolú, d. i. Grossnase, Lippe, Gesäss. - Rumänisch: "Die Spinnerin"; die Helferinnen heissen der h. Donnerstag, Freitag und Sonnabend. - In der kroatischen Erzählung aus Karlstadt sind die drei Spinnerinnen nicht übermenschliche Wesen, sondern Hexen und Tanten der Braut; sie erscheinen als Verwandte auf der Hochzeit. - Slowakisch: die nicht zur Hochzeit geladenen Hexen schieben der Kindbetterin Hunde unter. - Polnisch: die drei Helferinnen lassen sich das geloben, was die Jungfrau in einem Jahr haben wird, und geben ihr Kind erst frei, als sie ihre Namen zu nennen weiss. - Tschechisch: "Die drei Spinnerinnen"; die erste Spinnerin hat so lange und spitze Zähne, dass der Mund wie eine Hechel aussieht, die zweite glotzende, hervorquellende Augen, die dritte Hände wie Schaufeln und Finger so dünn wie Fäden. In der mährischen Fassung treten statt der Spinnerinnen sieben hässliche schmierige Spinner bei der Hochzeit auf, die der hilfreiche Zwerg Tingltangl gesandt hat; hier ist das Märchen von Rumpelstilzchen mit eingemischt. - Wendisch: die "Todesgöttin von Spremberg" hilft dreimal der Braut Werg und Flachs spinnen. Der Schluss fehlt. - Kleinrussisch: das Mädchen soll in drei Tagen drei Scheuern voll spinnen; dem ersten der drei Frauen hängt die Lippe bis auf die Brust, die zweite hat einen Fuss wie eine Schlange, die dritte eine Hand wie ein Fausthandschuh. - Im litauischen Märchen "vom faulen Mädchen" sind die Helferinnen drei Laumes. - Magyarisch: "The lazy spinning girl"; Helfer ist wie in der mährischen Fassung ein Zwerg, dessen Namen die Braut erraten muss; bei der Hochzeit erscheinen drei Bettlerinnen.

Der Grundgedanke all dieser Fassungen ist, dass drei hässliche Frauen, in denen J. Grimm eine Nachwirkung der dem Volk tief eingeprägten Vorstellung von den drei Nornen vermutet, dem in Verlegenheit befindlichen Mädchen spinnen helfen unter der Bedingung, dass sie als Basen anerkannt und zum Hochzeitsmahl eingeladen werden. Verschieden davon ist das Märchen vom Rumpelstilzchen. Beide Märchen aber sind öfter in nähere Verbindung miteinander getreten.


Variantenverzeichnis

>> Märchen-Suchdienst

Die drei Spinnerinnen. Grimm/KHM 14
Die sieben Schwarten. Basile/Italien 4,4


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