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Die Schlange im Busen 890A*

Märchentyp AT: 890A*
Grimm KHM:


Eine Frau wünscht sich ein Kind und bekommt ein Mädchen, das sie über alles liebt. Dieses wächst zu einer jungen Frau heran, doch eines Tages entdeckt die Mutter, dass das Mädchen eine Schlange in ihrem Busen trägt. Alle Verwandten weigern sich, ihr zu helfen und die Schlange von ihr zu nehmen. Die junge Frau hat einen Geliebten; dieser findet die Schlange, die er behutsam von ihr entfernen kann. Diese verwandelt sich aber auf magische Art und Weise in Gold. Das reiche Mädchen und ihr Geliebter heiraten.


Anmerkung

Die Verbindung Frau und Schlange ist nicht nur in der Bibel ein beliebtes Motiv, sondern auch in Berichten und Darstellungen von Schöpfergöttinnen. Ihr Symboltier, die Schlange, hält sie dabei in den Händen, schlingelt sich um ihren Körper oder entwächst dem heiligen Schoss der Göttin. In unserem Märchen handelt es sich zudem um die Sympathie-Schlange, d.h. ein Tier, das gleichzeitig mit dem menschlichen Kind zur Welt kommt, so dass beide engstens in einem Lebensgleichklang verbunden sind. Anschaulich tradiert dieses totemistische Motiv AT 285 Das Kind und die Schlange. Das tierische Zweite Ich oder alter ego ist dabei auch eine Beschützer- und Helfergestalt, sofern es gut behandelt wird. Wenn das menschliche Zweite Ich ein Mädchen ist, berichten einige Märchen, dass die Hausschlange das Kind bis zur Hochzeit behütet und ihr dann Schätze überreicht, so z.B. Gold oder eine Krone (Schlangenkrone). Darauf verschwindet das Tier. Die Schlange (das mythische Tier) hat das Mädchen begabt und gleichsam durch die Krönung in ihre Rolle versetzt. Das enge Verbundensein von Schlange und Mädchen sehen wir auch in einem spanischen Märchen mit dem Titel "Das Mädchen und die Feldschlange": Es war einmal ein junges Ehepaar, das hatte keine Kinder, und deswegen herrschte Missstimmung am häuslichen Herd. Eines Tages, als die Eheleute mit einer Freundin einen Spaziergang ins Freie machten, sahen sie eine zusammengerollte Feldschlange. Da sagte die Frau zu ihrem Mann: "Ich wollte, ich wäre schwanger, und brächte ich selbst eine Schlange wie diese hier zur Welt." "Sag so etwas nicht", antwortete ihre Freundin, "denn man weiss nie, was die nächste Stunde bringt." Nach einigen Monaten fühlte sie die Anzeichen der Schwangerschaft, und als die Stunde kam, brachte sie ein Mädchen und eine Feldschlange zur Welt. Die Schlange legten sie sofort nach der Geburt in eine Schüssel mit warmer Milch. Sie trank daraus und sprang dann durch das Fenster in den Garten und verkroch sich unter einem Apfelsinenbaum. Als das Kind älter wurde und anfing zu spielen, ging es in den Garten und sprang dort herum und kam doch gekämmt und gewaschen wieder ins Haus zurück. Und eines Tages fragte ihre Mutter: "Meine Tochter: Wer kämmt dir’s Haar, wer wäscht dich fein?" "Die Schlange macht’s, mein Schwesterlein."


Literatur

Derungs, K.: Landschaften der Göttin. Bern 2000.
Derungs, K.: Struktur des Zaubermärchens I. Bern, Stuttgart, Wien 1994.
Derungs, K.: Märchen und Totemismus. In: Tier und Totem. Naturverbundenheit in archaischen Kulturen. Hrsg. von Sigrid Hellbusch, Hermann Baumann, Kurt Derungs. Bern 1998.

Johnson, B.: Lady of the Beasts. San Francisco 1990.
Propp, V.J.: Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens. München 1987.
Schang, T.: Chinas Weise Frauen. Bern 1996, p. 142 f.


Märchen

>> Das grosse Buch der Zaubermärchen


Hinweise

 


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