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Von drei Schwänen

 

Es war einmal ein Jäger, der war sehr betrübt, weil ihm seine Frau gestorben war, und ging oft ganz allein im Walde herum und dachte, ob er wohl noch eine zweite Frau finden möchte, die er eben so lieb haben könnte, als seine erste. Da ging er einsmals mit seinem Gewehr an der Seite einen ganzen Tag lang immer weiter in den Wald hinein und wusste selbst nicht, wo er hin wollte, und kam endlich an eine Strohhütte. In die trat er hinein und fand darin einen alten Mann, der hatte ein Kreuzbild vor sich liegen.

Er grüsste den Mann, worauf derselbe ihn freundlich aufnahm und ihn fragte, was ihn in diese Waldhütte führe? Da klagte ihm der Jäger sein Leid, dass er seine Frau verloren habe und nun so einsam lebe und nicht wisse, ob er wohl noch einmal glücklich sein werde.

Sprach zu ihm der Alte: "Diese Not wird wohl zu helfen sein. Es werden alsbald drei 'Schwane' hieher kommen, die betrachte dir recht genau! Und wenn sie dann in den Weiher fliegen, so musst du heimlich hingehen und ohne dass er es merkt, dem einen Schwan sein Kleid nehmen und gleich damit zurückkommen!"

Und wie der Alte dies gesagt hatte, da flogen drei schneeweisse Schwäne daher zu der Strohhütte, und nachdem der Jäger sie sich angesehen hatte, flogen sie weiter in einen benachbarten Weiher.

Da schlich der Jäger hin und nahm ganz heimlich den Rock, den der eine Schwan ausgezogen und ans Ufer gelegt hatte und brachte ihn zu der Hütte des Alten. Als darauf die Schwäne sich wieder anziehen wollten, hatte der eine nur noch sein Hemd, und kam sogleich als eine schöne Jungfrau zu dem Jäger, der ihren Rock hatte, und zog mit ihm in sein Haus und ward seine liebe Frau.

Ehe der Jäger jedoch den alten Mann verliess, sagte ihm derselbe noch: "Du musst aber das Schwanenkleid sorgfältig vor Deiner Frau verbergen, dass sie es ja nicht wieder findet!"

Das tat der Jäger denn auch und so lebte er fünfzehn Jahre lang mit seiner zweiten Frau, und sie gebar ihm mehre Kinder, und beide Eheleute waren recht glücklich mit einander.

Da geschah es, dass der Mann eines Morgens ausging und zu seiner Frau sagte: "Ich komme zum Mittagsessen wieder!"

Und als er fortging, sah die Frau ihm nach, und wie er nun im Walde war, ging sie auf die Bühne, welche der Mann diesmal nicht verschlossen hatte, machte den Koffer auf, worin das Schwanenkleid lag, und zog es an und flog als Schwan wieder davon, weit weit weg.

Als der Mann nun zum Essen kam, war die Frau verschwunden, und auch seine Kinder konnten nicht sagen, wo sie geblieben war, denn sie hatten nichts von ihr gesehen.

Da begab sich der Jäger wieder in den Wald zu dem alten Mann und klagte ihm sein Unglück, dass er abermals seine Frau verloren habe und nicht wisse, wo sie hingekommen sei. Da sagte der Mann: "Du hast das Kleid nicht gehörig verwahrt; das hat sie gefunden und ist damit fortgeflogen."

"Ach", sagte der Jäger ganz traurig, "ist es denn gar nicht mehr möglich, dass ich sie noch einmal wieder bekomme?"

 "Möglich ist es wohl", sprach der Alte. "Aber jetzt ist es gefährlich. Es kann dir leicht das Leben kosten."

Der Jäger aber wollte ja gern alles für seine Frau tun, und so sagte ihm der Alte: "Du musst zuerst suchen, in das Schloss zu kommen, wo deine Frau jetzt lebt, und das wird am besten so gehen: Sie hält Esel, die jeden Tag von einem Müller Mehl holen. Da geh also zu dem Müller und bitte ihn, dass er dich in einen Mehlsack steckt. Das Weitere wirst du dann schon von deiner Frau erfahren."

Darauf begab sich der Jäger zu dem Müller und beredete ihn und lies sich in einen Sack stecken und von einem Esel weit weg in ein prächtiges Schloss tragen, und wie er dort ankam, fand er auch sogleich seine Frau daselbst, und da konnte niemand eine grössere Freude haben als sie, und sie dankte ihrem Manne herzlich, dass er gekommen sei, um sie zu erlösen.

Sie sagte ihm aber: "Ehe wir glücklich mit einander leben können, musst du mit drei Drachen, die hier sind, kämpfen. Sie werden an drei Tagen in verschiedenen Gestalten zu dir kommen und dich eine Stunde lang peinigen und quälen. Aber wenn du es aushältst und keinen Laut von dir gibst, so können sie dir nicht anhaben, und ich werde frei. Redest du aber nur ein einziges Wort, so werden sie dich umbringen."

Da versprach ihr der Jäger, dass er sie gewisslich erlösen wolle.

Darauf kamen am ersten Tage drei mächtige Schlangen und wanden sich dem Jäger um die Füsse, dass er nicht aus und nicht ein konnte, und quälten ihn eine ganze Stunde lang. Weil er's aber still ertrug, gingen sie fort, ohne ihn zu beschädigen. Am folgenden Tage kamen die Drachen als "Krotten" (Kröten) und schossen in einem fort feurige Kugeln auf den Jäger ab, dass es schier nicht mehr zum Aushalten war. Aber er hielt es doch aus und gab keine Laut von sich, so dass sie nach einer Stunde ihn wieder verliessen.

Am dritten Tage endlich kamen sie wieder als ungeheure Schlangen und nahmen den ganzen Jäger frei in ihen Rachen, dass es ihm höllenangst wurde, und er meinte, er müsse schreien und könne es nicht länger ertragen. Aber aus Liebe zu seiner Frau ertrug er's doch. Und als die dritte Stunde nun um war, da standen plötzlich statt der drei Schlangen drei vornehme Frauen da. Das waren die drei verwünschten Schwäne, die er jetzt mit einander erlöst hatte; und die blieben nun auch bei ihm und bei seiner Frau in dem Schlosse, und alle lebten in Frieden und Freude beisammen, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch.

 

 

Ernst Meier: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. Stuttgart 1852, Nr. 7. (AT 400, Deutschland)


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